Im Gespräch mit Chaedrist!
Diesmal haben wir uns mit einem bayrischen Projekt zusammen gesetzt, welches für den ein oder anderen bereits namentlich, als auch musikalisch ein Begriff sein dürfte. Chaedrist, eine aus München stammende Black Metal Kapelle mit diversen zusätzlichen Musikeinflüssen und dessen Frontmann Steff erklärten sich bereit, uns ein paar Fragen zu beantworten! So sei es!
Germanitas Othala:
Ave Chaedra! Zu allererst einen großen Dank an CHAEDRIST und besonders an dich für deine Zeit, Steff, um uns ein paar Fragen zu beantworten und all denen, welche eure Band noch nicht kennen, einen tieferen Einblick zu verschaffen. Kannst du uns mal erläutern, was es mit dem Projekt und eurer Musik grundsätzlich auf sich hat?
Steff:
Ave Chaedra! Vielen Dank euch für die Möglichkeit zu diesem Zwiegespräch.
Unsere Musik ist auf jeden Fall im extremen Metal mit unterschiedlichen Schwerpunkten beheimatet. Der schwarzmetallische Einfluss ist wohl an keiner Stelle zu überhören, aber es fließt auch immer wieder ein gehöriges Maß z. B. an Death Metal mit ein. In letzter Konsequenz schreiben wir kompromisslos authentische Musik, an der wir selbst Freude haben.
Als ich dieses Projekt 2010 gründete, war mir von Anfang an klar, dass es sich um mein persönliches Lebensprojekt handelt; im Idealfall ziehe ich das hier durch, bis ich in der Grube lande. Jedoch ist CHAEDRIST nicht als antisozialer Egotrip angelegt, sondern das Ergebnis aus der Zusammenarbeit mit Individuen, mit denen ich kreativ harmoniere.
An dieser Stelle möchte ich insbesondere Mike, meinen Mitstreiter der ersten Stunde, hervorheben. Ihm und auch den anderen Bandkameraden Tim, Michi und Rick bin ich zu großem Dank für ihren Einsatz in der Band verpflichtet sowie all den anderen, die uns tatkräftig unterstützen.
Germanitas Othala:
Welche Motivation und welche Inspirationen stecken hinter eurem Projekt? Und was bedeutet der Bandname “CHAEDRIST”?
Steff:
Wir als Band haben keine konkreten, musikalischen Einflüsse, auf die wir uns berufen, vielmehr findet alles Mögliche Eingang in unser Schaffen. Jeder von uns hat selbstredend seine individuellen Inspirationsquellen, jedoch lässt sich das nicht sinnvoll auf einzelne Bands herunterbrechen. Dementsprechend interessant und bisweilen auch belustigend ist es für uns zu hören, was andere meinen an Einflüssen ausgemacht zu haben.
Zum Bandnamen gibt es in aller Kürze zu sagen, dass “CHAEDRIST” dem altgriechischen “χάος” (cháos) entlehnt ist. Der Name bezieht sich auf eine eigens entworfene, archetypische Symbolfigur namens “Chaedra”, welche eine Art Göttin der Leere darstellt.
Die Inspiration zu Chaedra bezog ich zu gleichen Teilen aus Mystik und Wissenschaft sowie aus Erfahrungen und Erfahrungsberichten, sagen wir: besonderer Natur. Für mich ist es eine aktive, beständige Auseinandersetzung mit dem fundamentalen Dasein und dem, was sich dahinter verbirgt. Alles relativ weit weg von allem Allzumenschlichen.
Textlich gesehen verarbeite ich mit CHAEDRIST also keine biographisch begründeten “inneren Dämonen”, besinge nicht die Schönheit der letztlich nichtigen Erdennatur und propagiere keine Weltanschauung im engeren Sinne. Alle Texte stellen einen metaphorisch chiffrierten Abdruck meiner Gedanken zur verborgenen Leere der Welt dar.
Ich versuche dabei, den chaotischen, reinen Gedanken dennoch eine Form zu geben, die ich jeweils für passend erachte (in manchen Fällen stütze ich mich auch auf ältere Texte, die ich in einen neuen Kontext setze). Dieser für Außenstehende vielleicht paradox anmutende Ansatz reizt mich und tangiert durchaus die Grenze zu chaosmagischer Arbeit.
Germanitas Othala:
Das erklärt eure auffallende Eigenständigkeit. Wie schätzt ihr euch selbst in der Hinsicht ein, wie sehen euch andere?
Steff:
Wir messen uns in erster Linie an uns selbst, im Zusammenhang mit der eigenen Kunst ist das in meinen Augen noch der tauglichste Maßstab. Nur so können wir uns weiterentwickeln und unser Schaffen immerfort veredeln.
Das bemerken andere ebenso und honorieren das auch bei Auftritten, sofern die Voraussetzungen geschaffen sind, dass wir unser Werk angemessen präsentieren können.
Wir konzentrieren uns live folgerichtig erst einmal auf das Wesentliche. Anstatt übermäßig viel in Bühnendeko, Accessoires oder Kostüme zu stecken, übermitteln wir den Löwenanteil immer noch am liebsten über die Musik. Sogar vom obligatorischen Corpsepaint haben wir etwas Abstand genommen, da es zu unserer Form von Authentizität – von mir aus nennt es “Trueness” – nicht so recht passen will.
Je nach Konzept wird sich in dem Bereich in der Zukunft sicherlich noch etwas tun, aber ich finde es in unserem Fall wichtig, dass sich äußere Erkennungsmerkmale sozusagen natürlich entwickeln und nicht verkrampft pseudoinnovativ daherkommen. Wir sind selbst darauf gespannt, welche Richtung das alles noch nehmen wird.
Germanitas Othala:
Verstehe. Habt ihr besondere Ziele? Welche Meilensteine bzw. Höhepunkte gab es bisher?
Steff:
Im Moment hat für uns das zweite Album, welches den Titel “CHAOTHEOSIS” tragen wird, definitiv die höchste Priorität. Die Aufnahmen und der Mix sind schon abgeschlossen, wir arbeiten aktuell noch an der äußeren Gestaltung der Scheibe.
Das wird für uns eine spannende Angelegenheit, da wir dieses Mal mit Fotomodell für das Coverartwork arbeiten, was wieder einen anderen Zugang derer erfordert, die das für uns umsetzen. Für das erste Album “GRANDEVALITY” ließen wir seinerzeit ein Bild malen, was dem Charakter des Erstlingswerks auch hervorragend entsprach. Unserem Empfinden nach war es für CHAOTHEOSIS an der Zeit, etwas für uns Neues auszuprobieren.
Abgesehen von den Arbeiten an der zweiten Scheibe stehen uns Entscheidungen bevor, wie wir die Zukunft der Band weiter gestalten wollen. Das betrifft beispielsweise Themen wie die eventuelle Suche nach einem passenden Label oder die Gestaltung künftiger Bühnenauftritte. Auch werden wir das Songmaterial für weitere Tonträger schreiben. Wir haben also alle Hände voll zu tun.
Einer der bisherigen Meilensteine ist auf jeden Fall die Veröffentlichung des ersten Albums GRANDEVALITY, welches in unterschiedlichsten Metalmagazinen nahezu durchgehend gute bis sehr gute Kritiken erhielt. Das bestätigt uns auf erfreuliche Weise in unserem Schaffen.
Ebenso als Meilenstein kann für uns die Vervollständigung unserer Livebesetzung gelten, was uns ein paar interessante Auftritte ermöglicht hat.
Darüber hinaus hatten wir spannende Auftrittsangebote, die wir zu unserem Bedauern nicht wahrnehmen konnten. An dieser Stelle sei denjenigen gesagt: Fragt uns weiterhin (möglichst mit etwas Vorlauf), da findet sich schon mal ein passender Konzerttermin!
Der nächste, greifbare Höhepunkt wird dann die Veröffentlichung des zweiten Albums CHAOTHEOSIS sein.
Germanitas Othala:
Das klingt doch schon mal nicht schlecht! Gab es denn erwähnenswerte Tiefpunkte?
Steff:
Zum Glück kaum. Am ehesten war es die Suche nach einer vollständigen, stabilen und fähigen Besetzung, die Mike und mich anfangs viel Zeit und Nerven gekostet hat. Insgesamt sind unsere Ansprüche nicht unmöglich zu erfüllen, aber durchaus hoch. Rückschritte kommen für uns nicht in Frage und wir finden es wichtig, dass die Chemie zwischen den Musikern eines solchen Projekts einfach in allen Belangen stimmt.
Abgesehen davon gab es einen fehlgeschlagenen Kooperationsversuch mit einem kleinen Label, von dem zuletzt häufiger Ungutes mitsamt rechtlicher Streitigkeiten usw. usf. zu hören war. Mehr werde ich an dieser Stelle auch nicht sagen, da wir selbst unbeschadet aus der Geschichte rausgekommen sind, besagtes Label aktuell ohnehin auf Eis liegt und somit erst mal keinen weiteren Schaden anrichten kann. Den bereits betroffenen Bands wünsche ich noch viel Erfolg, dass diejenigen zu ihrem Recht kommen mögen!
Bis dato eine gute Bilanz möchte ich meinen. Da hört man in anderen Bands oftmals von wesentlich mehr Problemen.
Germanitas Othala:
Na immerhin. Da du gerade andere Bands erwähnst, Steff, kommen wir zu einer unserer liebsten Fragen: Wie beurteilt ihr die aktuelle BM-Szene (vor allem in Deutschland)? Zuletzt gab es da ja einige Entwicklungen. Lasst mal hören!
Steff:
Ich antworte mal mit bestem Wissen und Gewissen für uns alle, da ich derjenige bin, der von uns, abgesehen von der Musik an sich, noch am tiefsten in der Szene steckt – meinem eher isolierten Lebensstil zum Trotz.
Alles in allem scheint sich die Szene aktuell sehr zu spalten. Mir kommt es so vor, dass sich inzwischen mehr szenefremde Musiker im Black Metal (oder das, was sie dafür halten) mit mal mehr, mal weniger überzeugenden Projekten tummeln. Daraus haben sich meines Wissens in kurzer Zeit ja sogar weitere Sub- und Nebengenres entwickelt, die bei der traditionsbewussten Fraktion naturgemäß einen eher schweren Stand haben.
Wie viel Bestand diese Entwicklungen haben werden, wird die Zeit zeigen. Black Metal ist seinen Kinderschuhen nun mal entwachsen und kann sich, bei aller tief empfundenen Radikalität, nicht völlig vom Rest der Welt abkapseln. Das finde ich nicht per se schlecht, da Black Metal somit ein Stück weit lebendig bleibt, mag es auch trendorientierten Ballast geben. Den gab es aber auch schon Ende der 90er Jahre und hat es zum Teil doch in den musikalischen Kanon der Szene geschafft.
Gleichzeitig findet wohl eine verstärkte Auseinandersetzung mit globalen Ereignissen wie beispielsweise dem wachsenden Einfluss der islamischen Religion statt. Das Christentum hingegen hängt mittlerweile mehr tot als lebendig an seinem Kreuz und gibt somit einen uninteressanten Gegner ab.
Germanitas Othala:
Meinst du, dass der Islam die Szene noch weiter beschäftigen wird? Und wie steht es diesbezüglich mit anderen Weltanschauungen?
Steff:
Eine leider so vitale Religion wie der Islam, macht in ihrer medialen Rezeption ein unterschwelliges Bedrohungspotenzial greifbar, was diese zu einem notwendigen Ziel macht. Black Metal im engeren Sinne kann zwar auch ohne antireligiöse Botschaften funktionieren, aber ich sehe darin durchaus eine tragende Säule. Insofern kann man Bands nur dazu aufmuntern, mehr in diese Richtung zu unternehmen, wie das dann im Einzelfall auch immer aussehen mag.
Dass es durch den globaler gewordenen Rahmen zu ideologischen Überschneidungen und Verwerfungen verschiedenster Art kommt, ist in meinen Augen eine logische Konsequenz. Nichts davon muss man notwendigerweise gutheißen, aber gesellschaftliche Konflikte und Ideologien werden schlussendlich in unsere Szene hineingetragen, ob wir das wollen oder nicht.
Kein Wunder also, dass es hirnverbrannte Kuriositäten wie “Red and Anarchist Black Metal” gibt, den ich beinahe noch beknackter finde als christlichen (Un-)Black Metal. Letzterer hat zumindest nachvollziehbare, ästhetische Anknüpfungspunkte, wenn man sich vor allem traditionell geprägtes Christentum so ansieht, welches anachronistisch und teilweise fast schon okkult daherkommt.
Generell bin ich kein Freund von Black Metal mit offenkundig lebensbejahender Botschaft, egal, wie sich dieser Stil dann letzten Endes nennen mag. Das andere Extrem in Form von DSBM ist mir im Gegenzug zwar wieder etwas zu jämmerlich geraten, aber das ist nur meine Sicht darauf. Diesen auf das eigene Dasein bezogenen, lebensfeindlichen Aspekt zu berücksichtigen sehe ich grundsätzlich als gerechtfertigt an.
Germanitas Othala:
In diesem Zusammenhang ist es auch kaum zu vermeiden, das Thema “political correctness”, NSBM etc. auf den Tisch zu bringen… wie steht es da um eure Erfahrungen? Hat man euch schon mal etwas angelastet?
Steff:
Als Band nicht und dafür sähe ich auch keine Grundlage, da wir uns thematisch in völlig anderen Sphären bewegen. Keiner von uns gibt etwas darauf. Heuchlerische Moralvorschriften von Ideologen interessieren uns ebenso wenig wie die Gebote irgendeiner Religion. Weltlich-ideologische Eiferer gleichen ihren religiösen Gegenstücken in vielen Aspekten nahezu aufs Haar.
Es verbirgt sich dahinter eine Denkweise für Schafe. Und wenn es nicht immer Schafe sind, so sind es dann eben Wölfe, welche zwar keine Herden-, aber immer noch Rudeltiere sind.
Lieber ragen wir monolithisch aus alldem hervor. Um es mit dem Refrain des letzten Songs auf dem CHAOTHEOSIS-Album auf den Punkt zu bringen:
“Mögt ihr zwar Wölfe sein, doch den Waidmann überlisten auch die Wölfe nicht!”
Germanitas Othala:
Klare Ansage!
Ich danke dir, Steff, für deine Zeit und das ausführliche Gespräch. Wenn ihr noch irgendwas loswerden wollt, habt ihr jetzt noch Gelegenheit dazu.
Steff:
Vielen Dank für die Gelegenheit mich hier so ausführlich äußern zu dürfen. Wer das hier gelesen hat und uns noch nicht kennt, soll sich einfach ein Bild von unserer Musik auf den bekannten Kanälen machen. Nach CHAEDRIST zu suchen reicht.
Für spezifische Anfragen und Auftrittsangebote schreibt ihr uns am besten direkt auf Facebook (Chaedrist) oder an folgende E-Mail-Adresse: chaedrist.official@web.de
NIHIL POSSVNT HOMINES CONTRA VASTITATEM MVNDI